Die dritte und letzte Nacht kam endlich heran. Heller Römerklang und munterer Gesang scholl aus den Weinkneipen der malerisch am Abhang eines waldigen Bergkamms gelegenen alten Reichsstadt Gellnhausen und verkündete uns die. Nähe des gesegneten
Mainthales. Nach Mitternacht erreichten wir Hanau und wurden, Gott sei gedankt, zum legten Male in einen schlechten Omnibus gepackt, in welchem unsere gefolterten Glieder vollends bis Frankfurt geschafft werden sollten. Ein erstickender Staub verhüllte die ganze Gegend in einen grauen Nebel und ließ nur dann und wann die duftigen Umrisse des Taunus beim dämmernden Morgenlichte durchschimmern. Es war früh um 5 Uhr, als wir in Frankfurt anlangten. –

So war ich denn zum ersten Male in dem Gebiete einer Republik und zwar was für einer! – Eine freie Stadt und Sitz der deutschen Bundestagsversammlung – zwei Begriffe, die einem Nichtdeutschen etwas heterogen klingen dürften. Ich habe immer eine zärtliche Zuneigung zum deutschen Bunde verspürt; in der letzten Zeit hatte sich eben dieselbe zur schwärmerischsten Liebe und Dankbarkeit gesteigert und so war es mir denn höchst merkwürdig, den Ort von Angesicht zu Angesicht zu schauen, wo über die dringendsten Rechtsfragen der Völker – nach Jahrhunderten entschieden werden dürfte! – Den folgenden Tag – es war der Auferstehungsmorgen – ließ ich mir in Begleitung einiger anderer Fremden die Merkwürdigkeiten der
Stadt zeigen. Unser republikanischer Cicerone, der bei Allem, was er erklärte, gewiß nicht vergass, ein: „c’est magnifique ça!“ hinzuzufügen, was er wahrscheinlich irgend einmal von einem Franzosen aufgeschnappt hatte, führte uns denn nach den Dome, den Römer, den Kirchhofe u. s. w. Als wir
durch die Eschenheimer Gasse gingen, fragte er uns, ob wir nicht auch das Innere des „Bundestagsversammlungshauses“ (ein schon gebildetes ächt deutsches Wort) sehen wollten, da die Versammlung gerade Ferien habe. „Das letztere glaub‘ ich gern,“ erwiederte ich, bin aber durchaus nicht begierig, das Innere des deutschen Bundes zu sehen. Man hat an dem Äußern genug!“ und unwillkürlich fiel mir das Lied von Prutz ein:

In der eschenheimer Gassen
Zu Frankfurt an dem Main,
Schläft einsam und verlassen
Ein schönes Jungfräulein!“ u. s. w.

was ich nicht umhin konnte, dem am Thore Wache haltenden Republikaner laut vorzudeklamiren. Unser Führer sah mich etwas verdutzt an, indem er über den dunklen Sinn des Gedichts nicht ganz im Klaren zu sein schien, und machte seine stereotype Bemerkung: „c’est magnifique ça!“ nach dem grauen Bundestagshause deutend, das ungefähr so aussieht wie manches alte Inquisitionsgebäude, welches mir später in Spanien aufgestoßen ist. Ich finde in ganz Frankfurt am Ende nichts ,,magnifique“ als die unvergleichlich schöne Ariadne von Dannecker in Bethmanns Garten und die herrlichen weitläufigen Parkanlagen rings um die Stadt. Alles Uebrige will ich der guten freien Stadt schenken.

Schon früh breche ich auf, heute ist das Wetter wieder sonniger und wärmer. Der Weg führt zuerst  von Marborn bergab, dann bleibt die Strecke meist in der Ebene. Gelnhausen ist definitiv modern und gross, und da ich am Morgen unterwegs bin, hallt mir auch kein Römerklang und munterer Gesang entgegen. Auch in Hanau bin ich mehr damit beschäftigt, den richtigen Weg zu finden, als die alten Häuser zu bewundern. Bald erreiche ich den Main. Der Radweg führt nun immer dem Ufer entlang bis fast in die Innenstadt, nur den letzten Kilometer zu meinem Hotel bin ich im Verkehr (ich meine Autoverkehr, denn der Fahrradverkehr auf dem Radweg war massiv). Ich beziehe mein Zimmer im 4. Stock und trage mein Velo hinauf.

Nach der Dusche gehe ich bei Thai Street essen, das schmeckt gut und die Portion ist sättigend. Dann schaue ich mir die Eschenheimerstrasse an, da hat es jetzt nichts Historisches zu sehen, und im Palais Thurn und Taxis, wo der erste Bundestag stattfand, werben heute Zahnärzte und Parfumerien.

Ich spaziere zum Bethmann Park, weil Willkomm ihn erwähnt (die Ariadne ist aber nicht mehr dort, das wusste ich). Aber es ist eine schöne grüne Oase und im Park hat es dann noch einen chinesischen Garten.

Auf dem Rückweg noch schnell am Dom und am Römer vorbei, dann geht es über den Fluss zum Liebieghaus. Dort soll die Ariadne, von der Willkomm so schwärmt, zu finden sein. 

Das Museum hat Skulpturen aus der Zeit vom Alten Ägypten bis zum Klassizismus. Bei letzterem steht sie, die 

Die Akte Ariadne | Liebieghaus

Ariadne auf dem Panther von Johann Heinrich Dannecker. Ich kann der Figur nicht viel abgewinnen, aber ich lasse mich gerne belehren. Ich schaue mir die anderen Sammlungen an. Es hat einige ganz tolle Werke, z.B. aus Griechenland und Ägypten. Das Museum befasst sich mit der Farbgebung der Skulpturen (diese seien immer bemalt gewesen) und präsentiert einige Rekonstruktionen.

Um 19 Uhr besuche ich das Live Konzert im Museumspark, nach einer halben Stunde genügt mir das.

Auf dem Heimweg entdecke ich eine Eisdiele Der Eiswerker (an der Schweizer Strasse). Ich probier Pfirsich mit Basilikum und Pflaume. Zu empfehlen. Für morgen kaufe ich bei REWE ein, dann spaziere ich über den Eisernen Steg zum Hotel.