Gerne suche ich mir Laufstrecken, die eine Art Thema haben. Also zum Beispiel einen See umrunden, einem Gebirgszug folgen oder eine Landschaft komplett durchqueren. Darum ist mir die rote Linie, welche die Fuerteventura Wanderkarte vom südwestlichsten zum nordöstlichsten Punkt durchzieht, schon vor einiger Zeit aufgefallen. Die Wanderung GR131 gehört zum europäischen Fernwanderweg und führt vom Faro de Jandía nach Corralejo und dann noch auf die Isla de Lobos. Ohne diese kleine Insel sind es 154 km. Wie lange brauche ich wohl dafür?

Um nicht zu viel Gepäck mitzunehmen, will ich Unterkunft vor Ort finden und in Restaurants essen. Trotzdem habe ich meinen Schlafsack und eine Schlafmatte dabei, falls das nicht klappt. Ebenfalls Snacks, weil ich auch zwischendurch essen muss. Ich mag da geröstete und gesalzene Mandeln oder Cashews, dazu ein paar Energie-Riegel und Powergels. Ganz wichtig ist, genügend Wasser dabei zu haben. Wenn ich lange weg von Ortschaften bin, sind das 3 – 4 Liter, sonst genügt eine 1.5 l Flasche.

Am Montag warte ich am Morgen in Gran Tarajal auf den Bus nach Morro Jable. Leider erschliesst sich mir der Fahrplan der Autobusse auf Fuerteventura (noch) nicht. Man findet zwar Abfahrtszeiten ab den Ausgangsorten. Wann der Bus aber auf seinem Weg wo ist, scheint ein Geheimnis zu sein. 

Etwa um 8.30 kommt aber der gewünschte Bus und ich steige ein. Er ist spärlich besetzt und hält überall. So kriege ich eine gratis Sightseeingtour durch alle Dörfer auf der Strecke.

Wir kommen um 9.45 in Morro Jable an. Hier steht der Vierradbus nach Cofete schon bereit, perfektes Timing. Mit diesem erstaunlich komfortablen Gefährt geht es zuerst nach Cofete, dann wieder zurück über den Pass und runter nach Puerta de Jandía. Hier steige ich aus und rekognosziere die Gegend für eine mögliche Schlafstelle, es gibt in Puertito nämlich keine Hotels. 

Zurück im Dorf gehe ich Essen und erkundige mich nach einer Unterkunft. Der Wirt weist mich an eine Frau ein paar Häuser weiter, diese an einen Mann noch ein paar Häuser weiter, dieser kommt wieder zurück zur Frau, welche mir dann eine Wohnung zeigt. Das passt, ich bezahle und kriege den Schlüssel. Super, dann muss ich nicht draussen übernachten, hier bläst nämlich konstant ein starker Wind.

Ich erkunde den kleine Ort zu Fuss und wandere zur ehemaligen Flugpiste. Auf dem Rückweg kaufe ich einen Kaffee und ein Sandwich (zum Mitnehmen) für mein morgiges Frühstück; ich habe in meiner Wohnung einen Kühlschrank und einen Mikrowellenofen. Morgen habe ich vor, bis La Pared zu laufen und darum schon einen Schlafplatz gebucht. Werde ich die 54 km schaffen?

20.4.2021 Dienstag

Ich wärme mein Sandwich und meinen Kaffee im Mikrowellenherd, das kommt gar nicht schlecht. Um 7 Uhr laufe ich zum Leuchtturm, weil ich meinen Lauf wirklich an der südlichsten Spitze beginnen will. Um 7.20 geht es los zuerst wieder zurück nach Puertito, von wo ich gerade gekommen bin. Der Wind bläst mir ganz fürchterlich entgegen. Dann verlässt der GR die Piste und folgt der sehr schönen Küste und vorbei an vielen einsamen Stränden. Es hat etliche Barrancos, da geht es rauf und runter. Der Weg ist nicht ganz einfach zu rennen!  Etwa auf der Höhe des Cofete kehrt der Wanderweg landeinwärts und ist jetzt einige km komfortabel. Nach dem Friedhof steigt er aufwärts und folgt einer alten Wasserleitung, um dann bei der Abzweigung wieder herunter zu kommen. Den Weg durch Morro Jable kenne ich schon und in der Oasis Bar trinke ich einen doppelten Espresso. Zu Essen gibt es hier nichts. Ich folge dem Weg weiter, bis er am Strand entlang führt. Hier könnte man eigentlich immer am Wasser bleiben, aber die Markierungen führen über etliche Hügel, in nicht immer ansehnliche Landschaften. In der Bar La Atalaya an der Playa Esquinzo Butihono esse ich eine Pizza, dazu zwei Bier und ein Wasser. Gut gefüllt ziehe ich weiter, ärgere mich etwas über die Umwege und verlasse die Küste bei Risco de Paso, um im Barranco de Pecenescal hoch zu steigen. Der führt unter der Autobahn durch, dann folgt man einer Piste bis zu den Casas de Pecenescal. Hier dreht der Weg kurz nach Osten, dann nach Norden und geht in eine Sandpiste über. Kilometer weit steigt diese an, der Sand ist oft tief. Endlich geht es wieder abwärts und ich erkenne rechts den Windpark. Nun gibt es einige Kilometer durch diese Wüstenlandschaft, bis der Abstieg nach La Pared kommt. Nach 17 Uhr komme ich an und suche die Surfschule Wellenkind, wo ich eine Unterkunft reserviert habe. L. empfängt mich sehr freundlich und zeigt mir meine Koje und die weiteren Einrichtungen. Es ist wie in der Jugendherberge. Im Dorf gibt es keinen Laden, aber L. offeriert mir Früchte für mein Frühstück und bringt Wasser für morgen. Bei Cafe Plan B esse ich einen Hamburger. 

Am späteren Abend schlägt L. vor, zum Sterne-Beobachtungspunkt zu fahren. Mit M. (I) und A. (DE) fahren wir zu diesem Aussichtspunkt. Obwohl gerühmt wird, dass Fuerteventura wenig Lichtverschmutzung hat, ist der Weg zum Beobachtungspunkt mit Strobolampen versehen. Sogar beim Fernrohr hat es eine. Es hat etwas Wolken, aber den grossen Wagen erkennen wir alle. 

21.4.2021 Mittwoch 

Um 7 Uhr geht es los, es ist ein schöner Morgen. Las Hermosas ist bald erreicht, ich frage mich, wozu die kleine Gemeinde ein so grosses Fussballstadion braucht. Jetzt komme ich zur Strasse, welche ich vom Velo her kenne. Der GR schafft es, ein 100 m langes Stück mit einem halbstündigen Umweg ( Barranco runter, Barranco rauf) zu umgehen. Bald zweigt der Weg links ab und ist jetzt sehr schön angelegt. Er führt auf die Windgeneratoren zu und nach Cardón. Nun folge ich einem Tal mit einigen neuen Häusern und etwas Landwirtschaft. Der Weg wird alpiner, es wird felsig und ich geniesse die Aussicht auf den M. Cardón und das Meer. Nach vielen Gipfeln steigt der Weg endlich ab Richtung Pájara, wo ich zu Mittag esse. Da der Wanderführer mich auf die Strasse Richtung Betancuria schickt, muss ich suchen, bis ich die Fortsetzung finde. Es müsste Tuineje heissen. Ein Barranco führt nach Toto und dann durch ein grünes Tal zur Degollada de los Granadillos. Hinunter nach Vega del Rio Palma, dann verlaufe ich mich kurz, kehre um und finde die richtige Abzweigung nach Castillo de Lara. Jetzt noch hoch zur Degollada del Marubio  und runter nach Betancuria. Mein Hotel habe ich schnell gefunden, aber es ist überall zu. Eine Nachbarin ruft für mich an und der Besitzer Juan kommt raus. Es ist ein alter Hof mit viel Geschichte. Juan war zuerst Lehrer in Valle de Santa Inés, dann Ingenieur. Arbeitete als solcher 29 Jahre in Kanada und kam dann zurück, um diesen grossen Hof, welcher im Familienbesitz ist, zu renovieren. Das ist sehr authentisch gemacht, ein märchenhafter Ort. Im Esszimmer stehen viele Musikinstrumente: Gitarren und Saxophone. Zum Nachtessen gibt es Salat, Ziege mit Pimientos, Reis und Kartoffeln. Ich bin sehr müde, am rechten Fuss zwickt die Sehne zum Schienbein und ich fühle mich auch sonst etwas erschöpft. Ich gehe früh schlafen.

  1. April 2021 Donnerstag

Um 5.30 bin ich hellwach. Es geht mir besser, keine Schmerzen mehr und wieder bei Kräften. So stehe ich auf. Frühstück gibt es noch keines, aber Juan hat mir gestern die Kaffeemaschine erklärt und ich habe noch Mandeln. Ich will mindestens bis nach La Oliva kommen und dann entscheiden, wie es weiter geht. Um Viertel vor sechs starte ich, ich habe meine Stirnlampe an. Der breite Weg führt hoch zum Aussichtspunkt von Guise y Ayose.  Der Abstieg ist deutlich holpriger und ich muss in der Dunkelheit gut aufpassen. Dann folgt der Weg einer Piste an Gehöften mit bellenden Hunden vorbei nach Valle de Santa Inés. Im Restaurante Abuelo Alfredo gibt es Frühstück, dann lauf ich weiter Richtung Tefía. Der Weg ist jetzt sehr angenehm und ich kann viele Abschnitte laufen. Von Tefía nach Tindaya macht der GR einen ziemlichen Umweg, aber das habe ich gewusst. In Tindaya geht es um den Berg herum, dann folgt der Anstieg nach La Oliva. In der Pizzeria Mucho Gusto verzehre ich eine Marguerita, dann kaufe ich im Mercado Wasser. Ich bin früher in La Oliva angekommen als ich gedacht habe, fühle mich immer noch kräftig und entscheide mich, nach Corralejo zu laufen.

Jetzt geht es weiter nach Lajares, die Strecke kenne ich vom MTB. In Lajares trinke ich ein Cola und kaufe nochmals Wasser. Durch Lajares führt der Weg in meinen Augen im Kreis herum, das müsste einfacher gehen. Es geht an verschiedenen Vulkanen vorbei, bis der Weg in eine breite Piste übergeht. Hier sehe ich keine Markierungen, und die mögliche Richtung ist für mich nicht logisch, ich suche ein bisschen, konsultiere Google Maps und nehme dann doch die ursprüngliche Piste. Sie führt ganz um den Vulkan Bayuyo herum. Es ist eine breite Kiesstrasse mit einigem Verkehr und zieht sich fast 10 km bis nach Corralejo, wo der GR131 einen riesen Umweg macht. Ich kenne aber diese Ecke und nehme eine Abkürzung zur Avenida Juan Carlo I und dann runter zum Hafen. Es ist geschafft. Glücklich beziehe ich mein Zimmer im Hotel Boutique La Marquesina. Ich kaufe bei United Colors of Benettone Socken und ein Polo, im Spar OJ und Bananen und gehe früh schlafen.