Es waren nur wenige Passagiere an Bord, nämlich außer mir ein schweigsamer Engländer, welcher die ganze Reise auf dem Sopha liegend zubrachte, ein junger Kaufmann aus Köln und eine französische Virtuosenfamilie, in deren Gesellschaft sich ein verunglückter deutscher Student oder Kandidat der Theologie herumtrieb, welcher expreß französisch mit mir parliren wollte, obwohl ich ihm wiederholt bemerklich machte, daß es mein Grundsatz sei, stets die Sprache des Landes zu sprechen, wo ich mich gerade befände. Der Mann schien jedoch zu der Classe von Deutschen zu gehören, von welcher mir später noch viele Exemplare begegnet sind, die sich ihrer eigenen Muttersprache schämen oder etwas darin suchen, in fremden Zungen zu reden. Da mit diesen Leuten nicht viel anzufangen war, so schloß ich mich dem erwähnten Kölner und unserm Kapitän an, ein derber, aber treuherziger, wackerer und fideler Mann.

Wir drei saßen eben an der table d’hôte in dem eleganten Salon der hintern Cajüte, und leerten lustig die gelblichgrünen Römer mit edler Liebfrauenmilch, als ein großer Spektakel auf dem Verdeck entstand und ein Böller über unsern Häuptern abgebrannt wurde. Wir fuhren verwundert empor, der Kapitän aber zeigte lachend zum Fenster hinaus mit der trockene Bemerkung: ,,Deutschland wird jetzt alle, drum müssen wir schießen!“ Stolz flatterte die preußische Flagge am Stern unseres Schiffes, während dicht vor unserer Nase der französische Tricolor auf den Wällen des Forts St. Louis wehte, wo eine Anzahl rothhosiger Soldaten unser vorbeirauschendes Schiff höhnisch mit dem Jubelruf: „Vive la France!“ begrüßten. „Vive la France!“ antworteten. die Franzosen, die sich an Bord befanden, und wir als gutmüthige Deutsche stimmten auch mit den Gläsern anstoßend, in diesen Jubelruf mit ein, sei es aus Nachahmungssucht, die dem Deutschen einmal angeboren ist, oder aus Bescheidenheit und Selbstverläugnung, zwei Tugenden, in welchen es der Deutsche bekanntlich zu einer großen Vollkommenheit gebracht hat.

Das flache französische Ufer ist von geringem Interesse, dagegen bot der dunkelbewaldete Schwarzwald mit seinen breiten, noch von Schnee bedeckten Kämmen und seinen düstern Waldthälern gegen vier Uhr Nachmittags ein überraschend großartiges Bild. An seinem Fuß, unweit des Rheines zeigte sich die Spielhölle von Baden-Baden, darüber zwischen zwei Bergen das berühmte Rastadt. Gegen Sonnenuntergang erschien ein blauer Streifen am südwestlichen Horizont. Ich fragte einen Franzosen, was es wäre, und bekam die Antwort: „Les Vôges, Monsieur, en Alsace, une des plus belles parties de la France!“ Ich brummte etwas von gestohlenem Gut und wandte meine Augen wieder dem Schwarzwald zu, welcher jetzt in der rosigen Abendbeleuchtung ganz zauberhaft aussah.

Weiter hinauf bildet der Rhein immer mehr meist von Weidengebüsch bedeckte Inseln und erreicht, in unzählige Arme gespalten, beinahe eine Breite von einer halben Stunde. Das Land ist ganz flach und ich freute mich nicht wenig, als gegen 10 Uhr Abends eine lange, quer über den wieder vereinigten Strom laufende Reihe von Lichtern die Schiffbrücke von Kehl andeutete. Bald zischte heulend der losgelassene Dampf aus dem Schlot, das Schiff legte am französischen Ufer an, ich drückte dem wackern Kapitän die Hand, winkte den gegenüber liegenden Ufern des deutschen Vaterlandes ein letztes Lebewohl zu und betrat zum ersten Male den französischen Boden.

Die Douane, eine der ennuyantesten Erfindungen für die reisende Welt, war schnell abgemacht, da ich gleich den folgenden Tag nach der Schweiz abreisen wollte, weshalb mein Gepäck plombirt am Landungsplatze zurückblieb, während ich selbst meine werthe Person in einen Omnibus hineinschob, welcher mich im schnellsten Trabe nach französischer Sitte in einer halben Stunde nach dem gaserleuchteten Straßburg brachte.

Gestern war ich nach der Tour erschöpft, aber heute lief es mir besser, obwohl ich fast gleich weit gefahren bin. Da war zum Ersten die Strecke bis ca. Km 65 sehr schön und abwechslungsreich. Dann hatte ich den Track auf mein Navi geladen, und diesmal richtig. Wenn man die Strecke in der umgekehrten Richtung fährt, akzeptiert das mein Navi nämlich nicht, man muss die Strecke händisch umkehren, bevor man sie aufs Gerät überträgt. Somit funktionierte die Navigation. Ausserdem hatte es gestern einige Umleitungen, die nicht immer klar markiert waren, sodass ich an jeder zweiten Kreuzung Google Maps konsultieren musste. Das stresst mit der Zeit und man kommt auch nicht voran. Geholfen hat auch, dass ich meinen Laptop aus dem Rucksack nahm und in der Gepäcktasche verstaute, mein Rücken war dankbar.

Also von vorne: Nach dem überraschend tollen Frühstück im Hotel Q8 fahre ich los. Der Weg folgt von Germersheim sofort dem Rhein, welcher im Morgenlicht prächtig anzuschauen ist. Dann geht es an Nebenflüssen und Baggerseen vorbei, über Dämme und durch Auen. Plötzlich ist alles auf Französisch angeschrieben, ich habe offenbar die Grenze überquert. Nach etwa 65 km wird die Strecke weniger attraktiv, der Weg ist jetzt oft auf Strassen oder auf dem parallelen Radweg. Das ohne Schatten, das Thermometer zeigt 32°. In Lauerburg hat es ein Mercedes Auslieferungslager. Ich suche nach einem schattigen Plätzchen für meine Mittagspause, da fahre ich in Roeschwoog am  Restaurant Bella Italia vorbei. Ich kehre um und lasse mich im Garten nieder. Die Pizza ist hervorragend, der Kellner erklärt auch mit Stolz, das sei die sizilianische Tradition der Pizzaiola. Auch der Espresso schmeckt 1a. Fazit: auch in Frankreich gibt es gute Pizza und guten Kaffee. Jetzt nähere ich mich Strassburg, da wird die Landschaft wieder grüner. Ich fahre durch einen dichten Wald, überquere ein Flüsschen wo eifrig gebadet wird, komme an Kanälen vorbei und lande nach 16 Uhr in Strassburg. 

Nachdem ich mein Zimmer bezogen habe, mache ich einen Spaziergang zur Kirche Saint-Paul, dann zur Cathédrale Notre Dame und zum Dessert zur Gelateria Amorino.