Noch staunte ich sprachlos dieses großartige Naturschauspiel an, das sich hier fast jeden Abend wiederholt, als sich ein hagerer hochgewachsener Mann mit grauem Haar zu mir gesellte, der mir schon in der Fonda de Minerva seine Dienste angeboten hatte. Dort hatte ich ihn mißmuthig, wie ich war, kurz abgefertigt, da ich die Cicerone eben nicht liebe. Jetzt aber schenkte ich ihm mehr Aufmerksamkeit, bestochen durch den nobeln Anstand, mit welchem er seinen zierlichen Hut leicht lüftend zu mir herantrat. Er fragte mich, ob ich den folgenden Tag die Alhambra zu sehen begehre. Ich bemerkte ausweichend, daß ich nicht pressirt sei, da ich mich lange Zeit hier aufhalten würde. „Wenn Sie dies beabsichtigen“, erwiederte der Alte, „warum nehmen Sie dann Ihren Wohnsitz nicht auf der Alhambra?“ — Als er mich hierüber erstaunt sah, fügte er hinzu: „Folgen Sie mir, mein Herr. Ich will Ihnen eine Wohnung zeigen, wo schon mancher Fremde gewohnt hat und wo es Ihnen sicher gefallen wird“. Halb widerstrebend begleitete ich ihn und fragte ihn unterwegs, wie er sich nenne. „Mateo Jimenez, el hijo de la Alhambra“, antwortete er stolz. Jetzt wurde es mir klar, daß ich denselben Mann vor mir hatte, welcher 16 Jahre früher Washington Irving während seines langen Aufenthalts in Granada als Führer gedient hatte und von jenem berühmten Historiker in seinen „Erzählungen von der Alhambra“ verewigt worden ist. Besagter Mateo, jetzt einer der drei privilegirten Fremdenführer von Granada, ist Besitzer eines kleinen Häuschens innerhalb der Alhambra, in welchem er eine Fabrik von „Cintas“, seidenen gold- oder silberdurchwirkten Bändern, die bei den Andalusiern sehr beliebt sind, etablirt hat, und hat sich seit der Anwesenheit Irvings, dem er eigentlich sein Glück verdankt, ein artiges Vermögen erworben. Dieser Mann rühmt sich, zu den ältesten Familien von Granada zu gehören, indem, wie er behauptet, seine Ahnen schon zur Zeit der Eroberung von Granada auf der Alhambra gewohnt hätten, weshalb er sich stolz el Hijo de Alhambra (der Sohn der Alhambra) nennt, eine poetische Bezeichnung, die bei ihm stereotyp geworden ist, seitdem Irving sie in dem erwähntem Buche, welches ins Spanische übersetzt worden ist, verewigt hat.

Mateo Jimenez hat mir ebenfalls einige Tage als Führer gedient, und obwohl er seinen Vortheil sehr wohl versteht und durch die Berühmtheit, die er erlangt hat, etwas arrogant geworden ist, so kann ich doch nicht umhin, den Eifer und die Pünktlichkeit lobend anzuerkennen, mit welchen er alle Aufträge ausrichtet, wie er mir denn immer, so oft ich in Granada gewesen bin, rathend und helfend zur Seite gestanden hat. Außerdem empfiehlt er sich durch den unendlich reichen Schatz von Localkenntnissen und geschichtlichen Traditionen, die er besitzt, weshalb ich einem Jedem, der sich für die Geschichte und die Sagen Granadas interessirt, rathen kann, diesen Mann zum Führer zu wählen. Das Haus, in welches mich Mateo führte, sprach mich sehr an. Sowohl die Zimmer, die eine reizende Aussicht auf die Sierra Nevada und auf einen Theil der Vega darboten, als der Wirth, ein ehrlicher Asturianer, gefielen mir, so daß ich auf der Stelle mit ihm über die Miethe einig wurde und den folgenden Morgen mit allen meinen Habseligkeiten zu den Thoren der Alhambra einzog, die auf lange Zeit mein Standquartier werden sollte.

aus Moritz Willkomm: Zwei Jahre in Spanien und Portugal, 1847

Moritz Willkomm hat doch noch eine passende Wohnung gefunden und wird einige Zeit auf der Alhambra leben. Ich meinerseits gehe heute auf Besichtigungstour. Ich beginne mit der Casa Manuel de Falla. De Falla ist 1876 in Cádiz geboren. Er lebte von 1921 bis 1939 in einem kleinen Haus in Granada, betreut von seiner Schwester. Dieses Haus ist heute ein Museum und beherbergt Alltagsgegenstände, Bilder und Sammelstücke des Komponisten. Seine Kompositionen und seine Bibliothek sind im Archivo Manuel de Falla aufbewahrt.

Man kann das Haus mit Führung besichtigen. Die Angestellten sind etwas überrascht über meinem Besuch, offenbar bin ich der erste Tourist nach der Sommerpause.

Ich kriege einen Führer, der mich nicht sehr motiviert durch das Haus führt und mir die Gegenstände beschreibt. De Falla war sehr katholisch, rauchte wie ein Kamin und lebte ohne Luxus. Ein kleines Bild aus seiner Sammlung, welches San Sebastian zeigen soll, hat mir besonders gut gefallen. Leider habe ich mir den Namen des Malers nicht notiert.

De Falla emigrierte 1939 nach Argentinien, wo er 1946 starb.

Ich gehe bei Mercadona einkaufen, der etwas weiter weg ist, aber eine bessere Auswahl hat als der Carrefour Express in der Nähe meiner Wohnung. Auf dem Weg komme ich an einem Pizza-Automaten vorbei. „Heisse Pizza in 2 Minuten“, wird angepriesen. Das habe ich jetzt auch noch nie gesehen.Nach dem Mittagessen widme ich mich der Gitarre, dann spaziere ich zur Alhambra, die Eintrittskarte hatte ich schon letzte Woche bestellt.

Ich schaue mir zuerst den Palacio de Generalife und seine Gärten an. Ich bin nicht sicher, ob ich da beim letzten Besuch in Granada auch schon war. Auf jeden Fall ist dieser Teil wunderschön, überall sprudelt Wasser und Blumen zeigen ihre Farbenpracht. Auch hat es nicht so viele Besucher, es fühlt sich leicht und luftig an.

Weiter geht es mit der Alczaba, und um 16.30 ist meine Besuchszeit für den Nasridenpalast. Jetzt wird es etwas dicht, es hat eine Menge Leute. Die Stimmung ist zwar ruhig und entspannt, aber es stehen einfach zu viele Leute rum. Ich folge dem Rundgang beende dann meine Besuch auf der Alhambra. Auf dem Rückweg komme ich am Washington Irving Denkmal vorbei.