Bis her hatte ich, meinen kurzen Aufenthalt in den valencianischen Gebirgen abgerechnet, die großen Heerstraßen und großen Städte noch wenig verlassen, war deshalb auch weniger mit Spaniern umgegangen als mit Reisenden aus dem Auslande und hatte mich deshalb noch wenig an die Lebensweise der Eingeborenen gewöhnt. Dies mußte jetzt aufhören; – ich sah ein, daß, wenn ich in meinen Unternehmungen glücklich sein und mit dem Volke bekannt werden wolle, ich vergessen müsse, daß ich ein Ausländer sei, mit einem Worte, daß ich mich hispanisiren müsse. Es wurde mir dies um so weniger schwer, als mich das Volk mehr und mehr ansprach; auch kamen mir hierbei meine Wohnung und meine Umgebungen trefflich zu statten, die mich auch gegen meinen Willen genöthigt haben würden, mich der Lebensweise der Eingeborenen zu fügen und ihren Sitten zu accommodiren. Obwohl Granada während des Sommers von Fremden wimmelt, zumal von Engländern, so ziehen diese doch meist die bequemeren Hotels der Stadt den einfachen halbländlichen Häusern auf der Alhambra vor, und meine Wohnung daselbst lag in einem zu abgelegenem Winkel der Festung, als daß ich sehr mit den die Alhambra besuchenden Fremden hätte in Berührung kommen können. Zwar war das Haus, wo ich lebte, eine Fonda, die zugleich als Casa de Recreo diente; allein einestheils war ich der einzige Gast, was mir den Vortheil brachte, daß ich völlig ungestört war, das ganze Haus zu meiner Verfügung hatte und ausgezeichnet bedient wurde, anderntheils waren die Leute, welche namentlich des Sonntags die Fonda zu besuchen pflegten, sämmtlich Bewohner von Granada. So war ich immer von Spaniern umgeben und binnen acht Tagen mit allen Notabilitäten der Alhambra bekannt, so daß ich bald nicht mehr den Umgang mit fremden Reisenden vermißte. Anfangs machte mir der andalusische Dialekt einige Schwierigkeit; doch hier kam mir der dienstfertige Mateo zu Hülfe, welcher ein sehr reines Castilianisch sprach und es sich angelegen sein ließ, mich mit den Eigenthümlichkeiten des andalusischen Idioms bekannt zu machen. Dieser Mann erinnerte durch seine oft komische Gravität mehr an den Castilianer als an den Andalusier, hat aber nebst den Mitgliedern der Familie meines Wirths das Meiste dazu beigetragen, mich schnell in die Lebensweise der Andalusier einzuweihen. Ein Spaziergang, den ich in seiner Begleitung gleich in den ersten Tagen durch einige entlegene Stadttheile von Granada machte, wo ich durch meine französische Kleidung der Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit und bald des ausgelassensten Spottes von Seiten des Volks wurde, veranlaßte mich, den Rath Mateos zu befolgen und mich nach Landessitte zu kleiden. Ich vertauschte folglich meinen Rock mit der andalusischen Chaqueta (kurze Jacke), den französischen Hut mit dem zierlichem Sombrero Calanés, die Pantalons mit den Bombachos (kurzen Beinkleidern), gelbledernen Botines (Art Gamaschen) und Schuhen und kehrte vollkommen à la Andaluza gekleidet in meine Wohnung zurück, wo sich meine Wirthsleute nicht wenig über die plötzliche Veränderung wunderten, die mit mir vorgegangen war. Letztere haben mir nie Veranlassung gegeben, mit ihnen unzufrieden zu sein, und mich stets mehr wie einen Verwandten als wie einen stockfremden Ausländer behandelt. Der Herr des Hauses, Manuel, war ein anspruchsloser stiller Mann, der eben deshalb Manches von den übermüthigen Andalusiern, bei denen der Himmel immer voller Geigen hängt, zu leiden hatte. Auch besaß er eine Bildung, die ich bei dem Sohne eines asturianischen Bauers nicht vermuthet hätte. Er las sehr gern, oft die halbe Nacht hindurch, und hatte eine artige Bibliothek, in welcher sich neben den spanischen Classikern des siebzehnten Jahrhunderts die neuesten Erscheinungen der spanischen Literatur sowie Uebersetzungen der Werke von Shakespeare, Walter Scott, Rousseau, ja die neusten Romane von Eugen Sue und Alexander Dumas vorfanden. Außerdem zeichnete er sich durch große Ehrlichkeit und jenen noblen Charakter aus, der mir in Spanien so oft selbst bei den niedrigsten Volksclassen aufgefallen ist, und hat mich häufig auf die namhafteste Weise bei meinen Unternehmungen unterstützt, wofür ich Beweise anführen könnte, was ich jedoch aus gewissen Rücksichten unterlassen will. Er war an eine Granadinerin verheirathet, deren Vater, ein mehr als siebzigjähriger, aber noch sehr lebenslustiger Greis, ein stattliches Haus auf der Alhambra besaß. Die Fonda selbst lag in einem Winkel der Festung dicht bei dem ehemaligem Franciscanerkloster de Santa Isabel, welches von Isabella der Katholischen gestiftet und in dem der Leichnam dieser Königin ihrem Wunsche gemäß beigesetzt wurde, bis er auf Anordnung Kaiser Karls V. in die königliche Capelle der Cathedrale von Granada gebracht ward. Gegenwärtig dient dieses Kloster als Caserne der Garnison. Mein Zimmer war sehr einfach, aber freundlich. Von dem Balcon aus überschaute ich einen Theil des Albaycin und das gegenüberliegende Fenster bot mir eine großartige Ansicht des höchsten Theils der Sierra Nevada dar. Ein Tisch mit einer kleinen Toilette, ein Paar Rohrsessel und ein Bett bildeten das ganze Ameublement meines mit Ziegeln gepflasterten und einfach geweißten Zimmers; aber sowohl hier als im ganzem Hause herrschte stets die musterhafteste Reinlichkeit und jeden Morgen, wenn ich von meinen Streifzügen heimkehrte, fand ich meinen Tisch mit einem Glase frischer Blumen geschmückt, eine Aufmerksamkeit, welche in Andalusien den Gästen häufig erwiesen zu werden pflegt und auf deren Befolgung die graziöse Luisa, die Schwester der Hausfrau, die mich bediente, mit großer Strenge hielt.

aus Moritz Willkomm: Zwei Jahre in Spanien und Portugal, 1847, Band II.

Am Morgen besuche ich den griechischen Musiker, Instrumentenbauer und Schreiner C. K. M. in seiner Werkstatt. Ich hatte geglaubt, er sei auch mit Willkomm beschäftigt, das war aber ein Missverständnis. Aber er ist ein sehr netter und interessanter Mensch. Wir gehen ins Café Undiqus, wo es speziell guten Kaffe in verschiedensten Sorten gibt.

Gegen Mittag kaufe ich ein Billett für den Touristenbus, für Rentner ist das billig, 4.80 €. Nach 20 Minuten Warten kommt der Bus, der ist aber pumpevoll, sodass niemand zusteigen kann. Mittlerweile hat sich auch schon ein Haufen Busaspiranten angesammelt, und es ist kein weiterer Bus in Sicht. Etwas missmutig gehe ich zurück in meine Wohnung. Zeit, Wäsche zu machen. Zum Mittagessen besuche ich das koreanische Restaurant Miso, wo man sehr freundlich bedient wird und das Essen schmeckt.

Gegen Abend komme ich zurück vom Bäcker und sehe, dass der Touristenbus wartet und praktisch leer ist. Da das Billett den ganzen Tag gültig ist, steige ich ein und mach eine schöne Stadtrundfahrt.