Nachts um zwei Uhr bestiegen wir wieder unsern schwerfälligen Karren und sahen uns bald von den wildzerrissenen Kalkbergen der Sierra umringt. Während wir in einer einsamen Venta uns nach Möglichkeit unter acht Eier, vier Brödchen und zwei Stücken versalzenen Schinkens theilten, die unser Frühstück bildeten, ersuchte uns der Majoral, fernerhin nicht mehr zu rauchen, indem er in Loja einen Centner Pulver geladen habe, das sich unter dem Fußboden des Wagens befinde. Wir hatten schon den ganzen Morgen geraucht und bei näherer Untersuchung ergab sich, daß der mit Stroh bedeckte Boden eine Menge Spalten besaß, so daß wir uns auf die beste Manier hätten in die Luft sprengen können. Ich erzähle dies blos als einen Beweis von andalusischer Sorglosigkeit.

Das Wetter hatte sich allmälig aufgehellt, die Wolken verschwanden schnell vom Horizont, der Himmel prangte bald im durchsichtigstem Azur, und als wir gegen Mittag aus den unwirthbaren Bergen der kahlen Sierra heraustraten, eröffnete sich eine wonnige Aussicht über ein weites bebuschtes Hügelland, über dessen letzten röthlichen Kuppen der glänzende Spiegel des Meeres emportauchte, während es im Westen von den hohen duftigen Ketten der schroffen Serrania de Ronda begränzt ward. Zu unsern Füßen lag in einem weitem Thale das Städtchen Colmenar zwischen Rebengeländen, welche von hier an das ganze Küstengebirge viele Meilen weit bedecken und die berühmten Weinberge von Malaga bilden. Die Straße wurde nun besser und die Gegend von Stunde zu Stunde anmuthiger. Ueberall zeigten sich lachende Gründe mit freundlichen, im Schatten dunkler Cypressen ruhenden Landhäusern, hier und da Orangenplantagen, deren Früchte sich bereits gelb zu färben begannen, und eine Unzahl von blendend weißen Winzerhäuschen schimmerten hell in den Strahlen der nachmittäglichen Sonne aus den üppig belaubten Weingärten hervor.

Nach vier Uhr überschritten wir die letzte Hügelreihe und gelangten bald darauf zur Fuente de la Reyna, einem hellem Brunnen, wo man mit einem Male die reiche Ebene von Malaga erblickt, bedeckt von grünen Weizensaaten, zwischen denen hier und da der Spiegel des in weiten Krümmungen dem Meer entgegeneilenden Rio Guadalhorce hindurchblitzt. Drüber glühten die sanftgerundeten Kuppen der von zahllosen Gründen durchfurchten Sierra de Mijas, die ganz indigoblau am westlichem Rande der Vega dalag, und gerade zu unsern Füßen schienen die weißen Häuserreihen von Malaga unmittelbar aus den azurnen Fluthen des Meeres emporzutauchen, überragt von dem hohem Kuppelthurm der majestätischen Cathedrale. In vielen Schneckenwindungen führt die Straße durch die Rebenhügel in das weite Thal des Guadalmedina hinab, welcher die eigentliche Stadt von dem Barrio de los Trinitarios trennt. Die Sonne versank prachtvoll hinter den goldumsäumten Gipfeln der Sierra de Mijas und ließ die dreieckigen Segel der zahllosen Fischerbarken, welche auf der ruhigen Fläche des Meeres schwammen, wie zuckende Flammen erscheinen, als wir den letzten Abhang hinabflogen, und eben sprühten die Lampen des Leuchtthurms auf, als unser Wagen an der Barriere des Thores von Granada hielt. Obgleich die Reise nur kurz gewesen war, so hatte sie mich theils wegen der schlechten Wege, theils wegen der Unbequemlichkeit des vollgepfropften Wagens mehr ermüdet als eine Wanderung durch die Gebirge und ich freute mich herzlich, als ich das bequeme, halb englische Hotel der Señora Ladanza betrat, welches ich allen Reisenden so wohl wegen der Reinlichkeit und reellen Bedienung als wegen seiner freundlichen Lage in der unmittelbaren Nähe des Hafens, der Alameda und der Cathedrale angelegentlich empfehlen kann.

aus Moritz Willkomm: Zwei Jahre in Spanien und Portugal, 1847, Band II.

Die Bewölkung der letzten Tage ist verschwunden, Im schönen Morgenlicht und bei blauem Himmel verlasse ich Loja. Ich fahre durch Venta del Rayo und der Sierra de Loja entlang. An dieser Strasse steht ein Brunnen mit fliessendem Trinkwasser, was für ein Luxus! Die Strasse führt weiter nach Zafarraya, ich biege aber rechts ab und über den Puerto de los Alazores Richtung Alfarnate. Jetzt beginnt ein kräftiger und sehr böiger Wind. Das Radfahren wird streng und anstrengend. Ich fahre durch Colmenar, dann steigt der Weg weiter an zu den wunderschönen Montes de Mȧlaga, einem Naturpark, wo es nochmals auf 900 m hinauf geht. Wie Willkomm komme ich auch zum Brunnen Fuente de la Reyna. Hier plaudere ich mit D., der mit dem Rennrad über Vélez Malaga und Zafarraya gefahren ist, sich auch über den Wind beklagt und zu wenig Wasser dabei hatte. Ich hab gar nicht gesehen, ob er aus dem Brunnen trinken konnte, man braucht für den Wasserhahn nämlich einen Schlüssel.

Jetzt geht es nur noch bergab nach Malaga, lustig sind die zwei Schlaufen, wo man durch Tunnels unter dem Weg, den man soeben gekommen ist, hindurchfährt. In Malaga bin ich etwas zu früh für meine Wohnung, darum gehe ich in der Kroquetería Kanival essen. Das Menü kostet 11.50 €. Der Bartender ist auch Häusermakler und gibt mir seine Visitenkarte mit, falls ich mich in Malaga niederlassen möchte.

Für meine Wohnung muss ich den Schlüssel an einem anderen Ort abholen, das mache ich und von dort ist es noch ein Kilometer zur Wohnung. Die ist wieder schön gross und auch eine Waschmaschine hat es. Nun ist meine Reise zu Ende, ich bin sogar weiter gefahren, als ursprünglich geplant. 

Es war wunderschön und ich bin dankbar, dass ich gesund und ohne gravierende Zwischenfälle so lange unterwegs sein durfte. Mit den Ausflügen in Leipzig, Granada und Loja bin ich 3861 km weit gefahren und habe 28000 Höhenmeter bewältigt. Ich hatte drei platte Reifen, ein Reifen hatte kein Profil mehr und wurde ersetzt, zwei Schrauben am Gepäckträger und eine an der Gepäcktasche hatten sich gelöst und mussten ersetzt werden. Nachdem der Fahrradvermieter in Avignon alle mit Loctite gesichert hatte, blieb alles stabil.